Natur Natur sein lassen – Auch im künftigen Nationalpark Hunsrück
Gerhard Hänsel

Definition und Vorgaben

Kriterienkatalog für Nationalparks: Worauf kommt es an?

Was ist eigentlich ein Nationalpark?

Welche Kriterien muss ein Nationalpark erfüllen?

Gibt es internationale Vorgaben für Nationalparks?

Was ist ein Entwicklungs-Nationalpark?

Wie groß ist so ein Nationalpark?

Wie ist so ein Nationalpark aufgebaut?


Was ist eigentlich ein Nationalpark?

Nationalparks sind eine gesetzliche Schutzgebietskategorie. Sie stellen großflächige Landschaften unter Schutz, die ökologisch besonders wertvoll, ursprünglich und von natürlicher Schönheit sind. Auf großen Flächen dürfen hier, vom Menschen unbeeinflusst, Naturvorgänge ungestört ablaufen. Es gilt das Motto: „Natur Natur sein lassen“. Der Mensch schaut zu, beobachtet, forscht und – vor allem – genießt das Schauspiel aus Werden und Vergehen. Nutzungen finden hier nur eingeschränkt statt.

Welche Kriterien ein Nationalpark genau erfüllen muss und wie er sich von einem „Naturpark“ oder „Biosphärenreservat“ unterscheidet, regelt das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG, §§ 23-27). Es dient als verbindliche Rechtsgrundlage für die Einrichtung von Nationalparks in Deutschland.

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Broschüre Qualitätsstandards
Broschüre „Qualitätskriterien und -standards für deutsche Nationalparks“

Welche Kriterien muss ein Nationalpark erfüllen?

Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG, § 24) regelt rechtsverbindlich, welche Anforderungen Nationalparks erfüllen müssen. Hiernach sind Nationalparks einheitlich zu schützende Gebiete, die:

  1. großräumig, weitgehend unzerschnitten und von besonderer Eigenart sind,
  2. in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets erfüllen und
  3. sich in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets in einem von Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand befinden oder geeignet sind, sich in einen Zustand zu entwickeln oder in einen Zustand entwickelt zu werden, der einen ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleistet.

Soweit es der Schutzzweck erlaubt, sollen Nationalparke auch der
– wissenschaftlichen Umweltbeobachtung,
– der naturkundlichen Bildung und
– dem Naturerlebnis der Bevölkerung
dienen.

Der Dachverband der Schutzgebiete EUROPARC Deutschland e.V. hat ein Kriterienset für Nationalparks veröffentlicht, das Qualitätsstandards für Nationalparks formuliert. Die Qualitätsstandards entsprechen den internationalen Vorgaben der Weltnaturschutzunion (IUCN) und gehen in ihren Forderungen teilweise über die nationalen gesetzlichen Vorgaben hinaus.

Sie gelten in Deutschland als anzustrebender Standard für alle bestehenden und alle künftigen Nationalparks. Entsprechend sind sie auch die Richtschnur für einen möglichen Nationalpark Hunsrück.

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Broschüre
Broschüre „Richtlinien für die Anwendung der IUCN-Managementkategorien für Schutzgebiete“

Gibt es internationale Vorgaben für Nationalparks?

Neben den nationalen Vorgaben gelten für Nationalparks außerdem noch internationale Richtlinien. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat für Schutzgebiete Managementkategorien veröffentlicht, die als weltweite Grundlage für die Einordnung von Schutzgebieten dienen. Die deutschen Nationalparks folgen den Vorgaben der Kategorie II.

Hiernach ist ein Nationalpark ein Schutzgebiet, das hauptsächlich zur Sicherung großflächiger natürlicher und naturnaher Gebiete und großräumiger ökologischer Prozesse etabliert wird. Es soll die ökologische Unversehrtheit eines oder mehrerer Ökosysteme sichern, diesem Ziel abträgliche Nutzungen ausschließen und Naturerfahrungs-, Forschungs-, Bildungs- und Erholungsangebote fördern (Quelle: BfN).

Mindestens 75% der Fläche soll dem vorrangigen Schutzziel entsprechend verwaltet werden. Der geforderte Flächenanteil geht damit über die Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes hinaus, im „überwiegenden Teil des Gebiets“ – also auf mindestens 50% Flächenanteil – den ungestörten Ablauf der Naturvorgänge zu gewährleisten.

Alle Nationalparks des deutschen Schutzgebietssystems sind derzeit als Kategorie II-Gebiete eingestuft, auch wenn viele heute noch nicht sämtliche Anforderungen der Kategorie II erfüllen. Man spricht daher in Deutschland von so genannten „Entwicklungs-Nationalparks“.

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Grafik Phasen eines Entwicklungs-Nationalparks
Phasen eines Entwicklungs-Nationalparks (größer)

Was ist ein Entwicklungs-Nationalpark?

Das Bundesnaturschutzgesetz lässt zu, dass auch Nationalparks ausgewiesen werden können, die erst in die Richtung eines vom Menschen nicht beeinflussten Zustands hin entwickelt werden. Solche „Entwicklungs-Nationalparks“ erleichtern die Ausweisung neuer Nationalparks in Deutschland, da ursprüngliche und unberührte Naturlandschaften kaum mehr vorhanden sind.

In einer Übergangszeit von maximal 30 Jahren können in „Entwicklungs-Nationalparks“ daher noch Maßnahmen durchgeführt werden (Waldumbau, Borkenkäferbekämpfung, Renaturierung etc.), die die Situation im Nationalparkgebiet positiv verändern, um das Gebiet Zug um Zug der freien Dynamik der Natur zu überlassen. Sie minimieren den Einfluss des Menschen und schaffen möglichst naturnahe Startbedingungen für die Wildnisentwicklung.

Das Gebiet im Hochwald wäre zunächst auch ein solcher „Entwicklungs-Nationalpark“, der es ermöglicht, die größten Veränderungen aus der Zeit der Waldnutzung zu beseitigen und damit eine gute Ausgangslage für freie Wildnisentwicklung zu schaffen.

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Watt
Watt bis zum Horizont im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer
Stock/LKN-SH

Wie groß ist so ein Nationalpark?

Zur konkreten Größe eines Nationalparks gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Laut Bundesnaturschutzgesetz sollen sie jedoch großräumig und weitgehend unzerschnitten sein. EUROPARC Deutschland e.V., die Dachorganisation der deutschen Schutzgebiete, fordert in ihren nationalen Kriterien für Nationalparks 10.000 Hektar Mindestgröße, um auf möglichst großer Fläche den Ablauf natürlicher Prozesse zu ermöglichen. Für Gebiete von weltweiter Bedeutung sind Ausnahmen möglich.

Die bestehenden Nationalparks sind sehr unterschiedlich groß. Kleinster Nationalpark an Land ist der Jasmund mit 3.100 Hektar, größter Land-Nationalpark die Müritz mit 32.000 Hektar. Gigant unter den marinen Nationalparks ist das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer mit 441.000 Hektar (davon sind 97,7% Wasserflächen).

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Wie ist so ein Nationalpark aufgebaut?

Nationalparks sind in Zonen unterschiedlicher Schutzwirkung und Nutzungsintensität unterteilt, um eine Umsetzung der verschiedenen Schutzziele zu ermöglichen. Die Bezeichnungen der Zonen in den deutschen Nationalparks variieren.

In der Kern-/ Prozessschutz-/ Naturzone wird das Hauptziel „Natur Natur sein lassen“ verfolgt. Wildnis soll sich hier vom Menschen unbeeinflusst entwickeln dürfen, d.h. frei von Nutzungen sein.

In der (temporären) Entwicklungs- oder Managementzone finden vorübergehend Regulierungs- und Lenkungsmaßnahmen wie Waldumbau oder Renaturierung statt. Vom Menschen überprägte Bereiche werden hier in einen möglichst naturnahen Zustand gebracht, bevor sie der natürlichen Entwicklung überlassen werden.

Dauerhafte Pflege-/ Management-/ Nutzungszonen ermöglichen permanente Pflegemaßnahmen wertvoller Lebensräume und Arten, etwa von Berg- oder Orchideenwiesen und Nutzungen, z.B. sanfte Erholung (z.T. als Erholungszone ausgewiesen), sowie die Durchführung notwendiger Managementmaßnahmen zum Schutz angrenzender Wälder.

Zielstellung ist, dass nach einer Übergangsfrist von maximal 30 Jahren (Stichwort „Entwicklungs-Nationalpark“), die Kern-/ Prozessschutz-/ Naturzone drei Viertel der Nationalparkfläche (Grafik „Phasen eines Entwicklungs-Nationalparks“) umfasst.

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